Filzprodukte: zwischen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand

Robust und widerstandsfähig, hitze- und kälteisolierend, schalldämmend und druckelastisch – das sind die Eigenschaften von Filz. Schon vor tausenden Jahren wurde diese Technik der Textilherstellung vermutlich in Zentralasien entwickelt; die dortigen Völker nutzten das hochdichte Gewebe unter anderem für ihre Zelte, Teppiche, Kleidung und Gebrauchsgegenstände. Karawanen aus Asien sollen das Handwerk nach Europa gebracht haben, das hier im Zeitalter der Industrialisierung in Vergessenheit zu geraten drohte. Vor einigen Jahren wurden Vorteile und Schönheit von Filz wiederentdeckt. Wie aus Wolle Filz wird, demonstriert Annemie Koenen erstmals auf dem Flachsmarkt.

Im Prinzip hat sich an der uralten Fertigungsmethode nicht viel geändert. Nach wie vor ist es Handarbeit im wahrsten Wortsinn, die ohne Einsatz von Technik auskommt. Was man hingegen in ausreichendem Maß benötigt, sind Zeit und Geduld: Die gereinigte, gekämmte, bis zum Vlies aufbereitete und eventuell gefärbte Wolle wird in warmem Wasser und Seife gewalkt, bis sich die Fasern dauerhaft zu einem dichten, festen Gewebe verbinden. Der entstehende Filz lässt sich formen und modellieren, so dass sogar 3D-Objekte entstehen können. Wie aufwändig dieser Prozess ist, zeigt die 58-jährige Niederländerin, die sich einen Ruf als internationale Dozentin für das Filzhandwerk und als Künstlerin erworben hat, den Flachsmarktbesuchern.

Hier präsentiert sie neben ihrem Qualitätsfilz auch Hüte, Kragen und andere Filzaccessoires, die sie liebevoll mit Hand bestickt hat. Darauf hat sich Annemie Koenen unter anderem spezialisiert.
Für Koenen ist das, was sie tut, nicht nur ein reiner Broterwerb. „Ich liebe das Handwerk“, so die Künstlerin, die dabei nichts dem Zufall überlässt. Deshalb färbt sie auch die Wolle selbst, die sie zu Filz verarbeitet.

Für Annemie Koenen ist das Filzen ein Glücksfall: Sie hat damit ihr Hobby zum Beruf gemacht. Erstmals ist sie in einer Rudolf-Steiner-Schule mit Wolle und Filz in Kontakt gekommen. 1999 hat sie dann ihre eigene Werkstatt „Wolwerkplaats Moeder Aarde“ (dt.: Wollwerkstatt Mutter Erde) eröffnet. Hier unterrichtet die 58-Jährige, verfasst Artikel für Fachzeitschriften und arbeitet an Büchern. Außerdem bereitet sie hier ihre Ausstellungen vor.
Seit 2008 ist sie auch international unterwegs, um mit ihrer Kunst für das Filzhandwerk zu werben. Die Niederländerin, die das Filzen modern interpretiert, kennt sich auch mit den Wurzeln des Handwerks sehr gut aus. Bereits sieben Mal ist sie nach Kirgistan, ins Mutterland des Filzens, gereist; und auch nach Armenien hat sie den Filz „zurückgebracht“. Dort hat sie schon mehrfach Frauengruppen in dieser Tradition unterrichtet.

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