Wie Blei die Welt veränderte: Buchdruck wie zu Gutenbergs Zeiten

In Zeiten von Computer und Digitaldruck ist der Beruf des Schriftsetzers fast ausgestorben. Es gibt nur noch wenige, die dieses Handwerk beherrschen. Die einzelnen Lettern spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend zu setzen, mit der richtigen Menge Farbe gleichmäßig und mit optimalem Druck so aufs Papier aufzubringen, dass am Ende ein Ergebnis steht, das nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch beeindruckt. Auf diese alte Kunst verstehen sich Willi Beck (Dachau) und Werner Hiebel (Garching). Zum ersten Mal präsentieren die beiden vom 18. bis 20. Mai auf dem Krefelder Flachsmarkt den Schriftsatz mit Bleilettern und demonstrieren damit Buchdruck wie zu Gutenbergs Zeiten.

In der kleinen Schauwerkstatt des Flachsmarktes stehen zwei alte Handabzugspressen sowie einige Setzkästen mit einzelnen Lettern – also Buchstaben – unterschiedlicher Schriften. Besucher dürfen nicht nur zuschauen, sondern sind auch eingeladen, mitzuarbeiten. „Interessierte erhalten die Gelegenheit, zu setzen und zu drucken“, verspricht Willi Beck, der sich nach der Ausbildung zum Schriftsetzer seinen Traum erfüllt hat, Grafik-Design zu studieren. Mit im Gepäck haben Beck und Hiebel darüber hinaus auch einige Schaustücke ihre Arbeit. Während Willi Beck Exemplare seiner Einzelblattdrucke ausstellt, zeigt Werner Hiebel einige seiner handgedruckten Bücher.

Beck_Bleisatz_5-oDass die beiden ihr Handwerk gemeinsam auf Kunsthandwerkermärkten einer interessierten Öffentlichkeit näher bringen, ist  – wie vieles im Leben – dem Zufall zu verdanken. „Vor etwa sechs Jahren haben wir uns auf einer Handpressendruckerausstellung in München kennengelernt“, berichtet der 62-jährige Beck. Aus der Zufallsbegegnung entstand eine enge Freundschaft unter Kollegen, die ihren Beruf mit Leidenschaft und Herzblut ausüben.

Im Gegensatz zu Willi Beck hat Werner Hiebel als Bankkaufmann seine Liebe zum Schriftsetzer- und Buchdruckerhandwerk erst spät entdeckt. Im Alter von 49 Jahren verabschiedete er sich aus der Welt der Zahlen und wandte sich den Lettern zu. In der Schule für Gestaltung in Basel (Schweiz) hat er sich zum Typografischen Gestalter ausbilden lassen. Im Anschluss daran wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und profitierte damals vom Umbruch in der Druckindustrie: „Es wurde auf Digital umgestellt, die Bleischriften wurden aussortiert“, erinnert sich Hiebel, der heute in seinem Verlag Officin Albis über mehrere Tonnen Bleischriften verfügt. Mittlerweile ist das Setzen und Drucken mit Bleilettern nicht überholtes Nischenhandwerk, sondern Kunstform. „Wir beweisen, dass wir auch mit Blei Schönes und Modernes schaffen“, betont Hiebel, der sich vor allem auf Lyrik-Bücher und Bücher für Kind gebliebene Erwachsene spezialisiert hat.

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