Die dienstbaren Geister des Flachsmarktes

In Köln erzählt man sich von den „Heinzelmännchen“, die Niederländer lieben ihre „Kabouters“ und in Großbritannien kennt man die „Brownies“. Hausgeister, die bienenfleißig jegliche Arbeit verrichten, die aber nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat. Natürlich sind das alles nur Mythen. Aber irgendwie gibt es sie doch. Denn keine Veranstaltung kommt ohne diese dienstbaren „Geister“ aus, die nur selten in der ersten Reihe stehen, aber dennoch im Hintergrund maßgeblich zu einem reibungslosen Ablauf beitragen. Auf dem Flachsmarkt sind es seit fünf Jahren die Mitglieder des Linner SV, die sich um den Müll kümmern.

„Wir sind mit rund 15 Leuten im Schichtsystem auf dem Gelände unterwegs, bringen die vollen Mülltonnen zu den beiden zentralen Abfallstellen des Entsorgers und sammeln den Unrat, der so herumliegt“, berichtet Andreas Osterhaus, 2. Geschäftsführer und Jugendgeschäftsführer des Linner SV. Und da kommt ordentlich was zusammen. Vor allem wenn das Wetter gut ist. 200 Mülltonnen sind insgesamt im Einsatz, jede fasst 240 Liter. 80 Stück stehen allein auf der Ritterwiese, 120 weitere sind auf dem Festgelände verteilt. Hinzu kommen die kleinen, fest installierten Mülleimer. Stündlich drehen die Sportler ihre Runden über den Festplatz, kontrollieren, welche Tonnen schon gut gefüllt sind und geleert werden müssen. Zudem wurden fünf mechanische Abfallgreifer angeschafft, mit denen quasi nebenbei aufgesammelt wird, was auf Wegen und Wiese herumliegt. „Die Besucher des Flachsmarktes sind aber sehr umweltbewusst und nutzen die Mülltonnen, nur wenig Abfall wird achtlos auf dem Gelände weggeworfen“, bestätigt der 40-jährige Osterhaus. Nur einmal haben die fleißigen Müllsammler vom Linner SV sich geärgert: „Da hatte jemand – wahrscheinlich von den Anwohnern – Bauschutt in den Mülltonnen entsorgt“, erzählt Osterhaus, der sich über das ehrenamtliche Engagement und den Zusammenhalt der Vereinskollegen freut.

Dabei ist es eher dem Zufall geschuldet, dass die Linner Kicker einmal im Jahr Fußballschuhe gegen „Blaumann“ tauschen. Der Verein, der diese Aufgabe zuvor übernommen hatte, war ausgefallen, es wurde händeringend ein Team gesucht, das einspringt. „Also hat unser ehemaliger Vorsitzende Gerd Staudacher zugesagt, dass die Jugendabteilung hilft“, erinnert sich Andreas Osterhaus. Aus einer Zwischenlösung wurden fünf Jahre. Und mittlerweile sind nicht nur die Spieler der Jugendabteilung, sondern auch Trainer und Jugendvorstand aktiv. „Und wenn alle mitziehen, bleibt das auch so“, sagt Osterhaus.
Der Obolus, den die ehrenamtlichen „Müllmänner“ für ihren Einsatz erhalten, fließt übrigens in die Jugendkasse: für bestimmte Anschaffungen und einen gemeinsamen Abend. Der dürfte im nächsten Jahr sogar etwas größer ausfallen. Dann nämlich feiert der Linner SV sein 100-jähriges Bestehen.

Gegründet 1918 fanden erste Spiele auf einer (Kuh-)Wiese am Kohlplatzweg und am Bruchfeld statt. Die heutige Platzanlage an der Kurkölner Straße bezog der Verein 1970. Nach wie vor ist der Linner SV ein reiner Fußballverein, mit derzeit einer Herrenmannschaft, einer Alt-Herrenmannschaft, zwei Damen-Teams, zwei Mädchen-Teams und insgesamt neun Jugendmannschaften. Zu den größten Erfolgen zählen sicherlich die Teilnahmen am DFB-Pokal in den Jahren 1963 und 1966. Erfolgreichster Spieler des Linner SV ist übrigens bis heute Bernhard Steffen. Der 80-Jährige, der dem Verein 1947 beigetreten war, wechselte 1957 zu Fortuna Düsseldorf und gehörte unter Trainer Sepp Herberger zum Kader der Nationalmannschaft. Bis heute hält er dem Linner SV die Treue.

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